Dass erfolgreiche Shows internationale Ableger finden, ist spätestens seit der 1999 in Holland gestarteten „Big Brother“-Franchise nichts Neues. Weitaus seltener ist es, wenn die Reise von der Alten in die Neue Welt mehr als ein halbes Jahrhundert dauert. Während in Europa der Eurovision Song Contest seit 66 Jahren Hoffnungen weckt und Träume zerschmettert, hat es bis jetzt gedauert, ehe mit dem „American Song Contest“ eine US-amerikanische Variante des Schlagerwettbewerbs das grüne Licht erhielt. Doch spätestens seit der Spielfilmkomödie „Eurovision Song Contest: The Story of Fire and Ice“ mit den Hollywoodstars Will Ferrell und Rachel McAdams als isländisches Geschwisterpaar, das unbedingt den Wettbwerb gewinnen will, ist der ESC auch in den Vereinigten Staaten ein Begriff geworden. Der Titelsong „Husavik“ („My Hometown“) war sogar für einen Oscar nominiert.

Zwar fehlt beim „American Song Contest“ die Spannung, wie die Nachbarländer über den heimischen Beitrag abstimmen werden, aber mehr oder weniger freundschaftliche Rivalitäten existieren auch zwischen den US-Bundesstaaten, so dass die Ende März gestarteten Vorrunden, die zwei Halbfinale und schließlich das Finale am 9. Mai durchaus ihre Würze haben. In Deutschland wird die neue Show auf Servus TV übertragen.
Insgesamt wurden 56 Künstler ausgesucht – je einer für die 50 Bundesstaaten und dann noch je ein Act für die nicht als Bundesstaat anerkannte Hauptstadt Washington D.C. sowie die amerikanischen Territorien Amerikanisch-Samoa, Guam, die Nördlichen Marianen, Puerto Rico und die Amerikanischen Jungferinseln.
Moderiert wird der „American Song Contest“ von den internationen Superstars Kelly Clarkson, die ihren Durchbruch 2002 bei dem Talentwettbewerb „American Idol“ geschaffte hatte, und Rapper Snoop Dogg. So verschieden wie die beiden Moderatoren sind auch die anderen Künstler, die auf möglichst viele Punkte hoffen. So wie beim ESC immer wieder etablierte Stars darauf hoffen, ihr Land zu vertreten, so treten beim „American Song Contest“ ebenfalls außer Newcomern auch preisgekrönte Musiker vor das Mikrofon. Zu den unangefochtenen Größen zählen der Grammy-Gewinner und Soft-Pop-Veteran Michael Bolton, der für Connecticut singt, Sängerin und Songschreiberin Jewel aus Alaska holen, und die als Rhythm & Blues-Sängerin mit mehreren Grammys ausgezeichnete Macy Gray. Sie tritt für Ohio an. Vorab hat die für ihre rauchige Stimme bekannte Musikerin schon mal ihr Pokerface aufgesetzt – als einer der Stars der Musikszene, die eine Schwäche füs Zocken haben, obwohl dabei nicht bekannt ist, ob sie landbasiertes Glücksspiel oder Echtgeld Online Casinos bevorzugt, kennt sie sich mit Wahrscheinlichkeiten, die auf diversen Faktoren beruhen, aus. Dazu gehören beim „American Song Contest“ neben der eigenen Qualität auch Faktoren, auf die die Künstler keinen Einfluss haben.
Wie beim ESC gehört dazu die Frage, ob Jury und Publikum statt auf etablierte Größen lieber auf unbekannte Künstler setzen, ob ein Rap oder HipHop eher den Geschmack trifft als ein Folksong, eine Liebesballade oder ein knackiger Rock. In den Vorrunden geht es um jeweils vier Plätze für das Halbfinale. Drei Künstler werden diekt von den Zuschauern gewählt, und einer bekommt als Jurygewinner des Abends einen Platz.
Für Jewel war der Traum vom Contest-Gewinn bereits nach der zweiten Vorrundenshow vorüber. Ihr Song „The Story“ konnte sich nicht gegen Juryliebling Tyler Branden aus Tennessee mit „Seventeen“, Broderick Jones aus Kansas mit „Tell Me“, Jonah Prill aus Montana mit „Fire It Up“ und Chloe Fredericks aus North Dakota mit „Can’t Make You Love Me“ durchsetzen.
Michael Bolton hatte in seiner Vorrunde mit „Beautiful World“ mehr Glück. Zwar entschied sich die Jury, Jordan Smith aus Kentucky mit „Sparrow“ ins Halbfinale zu schicken, aber die Zuschauer sicherten dem Balladensänger genau wie AleXa aus Oklahoma mit „Wonderland“ und Christian Pagan aus Puerto Rico mit „Loko“ einen Platz in den Semis.
Wie beim großen Vorbild ESC erhoffen sich die Macher und die Fans spektakuläre Kostüme und Shows, die vielleicht manchmal schrill und schräg, aber immer unvergesslich sind.
Der Klassiker aus Europa hat dabei allerdings auch lange Zeit gebraucht, um Mut zum Ausgefallenen zu zeigen. Die Idee zu einem innereuropäischen Schlagerwettbewerb wurde 1955 von der Europäischen Rundfunkunion (EBU) abgesegnet. Die erste Show fand 1956 im schweizerischen Lugano statt, und das unter verschiedenen Namen. In Deutschland hieß der Wettbewerb lange Zeit Grand Prix Eurovision de la Chanson oder Großer Preis der Eurovision, in Italien wurde er Gran Premio Eurovisione Canzone Europea und in Großbritannien Eurovision Song Contest genannt. Erst 1992 wurde der englische Titel einheitlich verwendet.
Den Auftaktwettbewerb gewann die Schweizerin Lys Assia auf heimischem Boden, doch schon im Folgejahr musste sie feststellen, dass ein Sieg kein Erfolgsgarant war. Sie landete 1957 auf dem vorletzten Platz, während der erste Platz an die Niederländerin Corry Brokken ging. Dieser erging es aber noch schlechter als Lys Assia, als sie ihren Totel zu verteidigen suchte. Corry Brokken landete bei ihrem zweiten ESC auf dem allerletzten Platz.
Bislang ist es lediglichen dem irischen Balladensänger Johnny Logan geglückt, zweimal den Titel zu holen. Er wurde 1980 und 1987 zum Sieger gekürt. Während die Fans ihren Lieblingen die Daumen drücken, kommt es allerdings auch für, dass hinter den Kulissen darum gebetet wird, nicht zu gewinnen. Traditionell kommt nämlich dem Gewinnerland die Ehre zu, der nächste Gastgeber zu sein. Doch die Ausrichtung des ESC verschlingt Millionensummen. Für ein kleines, alles andere als reiches Land wie Irland, das mit sieben Siegen an erster Stelle der Gewinnerliste steht, ist das alles andere als einfach zu stemmen gewesen. Andere Sieger, wie die Niederlande 1960, Frankreich 1963, Monaco 1972 und Luxemburg 1974 traten statt dessen die Gastgeberrolle an Großbritannien ab, die mit bisher 8 Mal an erster Stelle bei den Ausrichtern liegen. Nur Israel entschied sich 1980 für ein anderes Land, als sie die Gastgeberrolle aufgaben. Anstelle von Israel luden die Niederlande zum ESC ein.

Auf den Bühnen des ESC wurde Musikgeschichte geschrieben. Untrennbar mit dem Wettbewerb ist ABBA verbunden. Die legendäre schwedische Popband, die mit ihrem neuen Album nach fast 40-jähriger trennungsbedingter Pause 2021 mit „Voyage“ erneut die Charts stürmten, waren 1974 mit „Waterloo“ über Nacht zur Sensation geworden. Glitzernde Schlaghosen, Plateaustiefel und ein neuer Sound eroberten die Popwelt. Dabei hatten Abba schon im Jahr zuvor versucht, ihr Land zu vertreten, waren aber mit „Ring, Ring“ nicht gewählt worden.
Gleich drei Mal in Folge hatte Schlagersänger Udo Jürgens die Ehre, für seine österreichische Heimat zu singen. Sein erster Anlauf 1964 bescherte ihm in Kopenhagen Platz 6 für „Warum nur, warum?“ Im nächsten Jahr in Neapel kam er mit „Sag ihr, ich lass sie grüßen“ sogar auf Platz vier. Im dritten Anlauf gelang ihm mit „Merci, Cherie“ 1966 der Sieg in Luxemburg.
Superstar Celine Dion aus Kanada, die 1988 mit „Ne Partez Pas Sans Moi“ für die Schweiz antrat, war zu dem Zeitpunkt außerhalb der französischsprachigen Welt so gut wie unbekannt, weil sie nur in ihrer Muttersprache sang. Ihr Sieg beim ESC in Dublin änderte das gründlich.
Dass ein großer Name nicht gleich bedeutend mit Erfolg beim ESC ist, musste die Britin Bonnie Tyler 2013 schmerzlich erfahren. Sie landete mit „Believe in Me“ auf Platz 19.
Beim ESC 2022 in Italien wird Deutschland durch den Deutsch-Amerikaner Malik Harris vertreten. Haushoher Favorit und Gewinner der Herzen ist jedoch schon jetzt das Kalush Orchestra aus der Ukraine. Sympathie und Mitgefühl für eine Nation, die ums Überleben kämpft, werden sicherlich eine Rolle spielen, wenn die Punkte vergeben werden.
Dass Erfolg und Nichterfolg stark vom Bauchgefühl und den Emotionen der Zuschauer und der Jury abhängen, erleben derzeit genauso die Teilnehmer beim „American Song Contest“, auch wenn mehr oder weniger freundliche Rivalitäten unter benachbarten Bundesstaaten Welten entfernt sind von den Realitäten der Ukrainer.