Menowin Fröhlich – Ich musste verlieren, um zu gewinnen – Teil 2

Menowin Fröhlich – Ich musste verlieren, um zu gewinnen – Teil 2

© 2011 Verlag Driediger

Menowin Fröhlich, der DSDS-Zweite 2010 hat mit Co-Autor Enno Faber zusammen seine Lebensgeschichte geschrieben. Schon lange warten die Fans auf eine Klarstellung, zumal inzwischen von Helmut Werner das Buch „Alles außer Fröhlich“ erschienen ist. Nun hat sich der Dreiundzwanzigjährige endlich zu einer Autobiografie entschlossen. Er möchte Klartext reden, die Fakten auf den Tisch legen, Vorurteile ausräumen.

© 2011 Verlag Driediger

Fantasie vermischt sich mit Erinnerungen. Während die Erinnerungen in der Ich-Form erzählt werden, wird jedem neuen Kapitel ein fiktiver Teil vorangestellt, der sehr dramatisch auf den folgenden Inhalt verweist. Hier wird von der Sichtweise des Beobachters aus gesprochen.

Es beginnt mit Menowins Geburt.

Ein eigentlich normaler Vorgang, aber man muss nicht zwischen den Zeilen lesen, um zu erkennen, dass es dieses Baby nicht leicht haben wird im Leben:

„Schreiend fuchtelt das Baby wie wild mit den Armen, presst mit aller Gewalt die Luft aus den Lungen, strampelt mit den Beinen, ringt nach Atem und brüllt. Tränen quellen aus den Augen und laufen die Wangen hinunter, über die Ohren, aufs Laken hinab. Es schreit vor Schmerzen und Angst, schreit nach Nähe und Geborgenheit, schreit in die Stille und Dunkelheit. Von draußen kommen nur ein Grölen und Fetzen von Musik.“

 

Die nun folgende Ich-Form erinnert an Menowins eigene Sprache, hier hat der Co-Autor versucht, die Authentizität soweit wie möglich zu erhalten. Wie viel davon nun von ihm hinzugefügt wurde und wie viel tatsächlich von Menowin ist, lässt sich als Leser nicht beurteilen. Jedoch sind die Details zuweilen so scharf umrissen, dass man kaum glauben mag, dass ein heute erwachsener Mensch sich noch so detailgetreu an Ereignisse seiner Kindheit erinnern kann, zumal der Mensch dazu neigt, insbesondere die negativen Erinnerungen auszublenden. Inwieweit Menowin hier also auf Erzählungen Dritter zurückgreift, erschließt sich mir nicht.

Er erzählt von einer trostlosen Kindheit.

Von einer Mutter, die vier Mal schwanger wurde, aber er bekam die Geschwister nie zu sehen. Sie wurden sofort nach der Geburt weggegeben. Fernandez, Mario, Roby und er haben alle den gleichen, brutalen Vater. Er, der Älteste, war der einzige, den die Mutter behalten hat. Den Vater hat er als heftigen Trinker wahrgenommen, der die Mutter immer wieder schlug. Auch die Großmutter väterlicherseits trank. Zuhause wurde gefeiert und gesoffen, während er mit seiner Mutter im Hinterzimmer saß.

Sie wohnten in einer guten Gegend Münchens, mit Reihenhäusern, viel Grün und zwei Badeseen in der Nähe.

„Denke ich an meine frühe Kindheit, so habe ich diese Bilder vor Augen. Mama mit mir allein, mein besoffener Vater, sein Bruder, seine Mutter und immer wieder all die fremden Leute, wie sie im vorderen Zimmer feiern, grölen und lallen. Meine Mutter muss meinen Vater sehr geliebt haben, ich kann es mir nicht anders vorstellen. Du hältst das sonst gar nicht aus. Möglicherweise waren auch beide irgendwie krank, schließlich war Mama damals schon auf Heroin.“

Nachdem der Vater genug von Mutter und Kind hatte, wohnten sie bei Tante Kersha. Es gefiel ihm dort, er war erleichtert, seinen Vater nicht mehr wieder sehen zu müssen.

Tante Kerscha war eine Frau mit Prinzipien.

Hier erlebte er zum ersten Mal einen geregelten Alltag mit frühem Aufstehen, Mittagessen und keine zugedröhnten Eltern. Die Tante hatte als ältestes von sieben Kindern schon früh die Verantwortung für die Geschwister übernommen, wenn die Eltern arbeiten gingen.

„Das ist bei den traditionellen Sinto so, dass die Mädels bereits relativ jung dieses, na ja, das Frauliche bekommen, voll eingespannt werden und den halben Haushalt schmeißen.“

 

Menowin beschreibt die Tante als einen absoluten Familienmenschen, wahnsinnig fürsorglich und sehr verantwortungsvoll. Sie hat ihn aus einem Albtraum geweckt. Bei ihr hatte er eine gute Zeit.

Nachdem die Mutter eine eigene Wohnung gefunden hatte, wurde er dieser Geborgenheit wieder entrissen. Er hatte Angst davor, mit seiner Mutter alleine zu sein, denn sie war unzuverlässig, manchmal wochenlang verschollen. Was würde aus ihm werden? Von da an lebte er drei Jahre lang in der Panik, einsam und hilflos zu sein. Die neuen Freunde der Mutter soffen zwar nicht, waren aber auf Droge.

Nachdem die Mutter zu drei Jahren Gefängnis verurteilt wurde, kam er wieder zu Tante Kersha, bei der er dann aufwuchs.

„Bei ihr habe ich wirklich aufatmen können, so etwas wie Normalität und Alltag gespürt. […] Sie hat darauf geachtet, dass ich regelmäßig aß, pünktlich zur Schule kam, den ganzen üblichen Kram. Sie wollte, dass aus mir irgendwann einmal irgendetwas wird.“

Die zeitlichen Abläufe im Buch sind nicht immer klar zu erkennen. Aber so wie es aussieht, hat er die erste Klasse noch unter der Obhut der Mutter verbracht. Er musste sie wiederholen, denn diese habe nie darauf geachtet, wann er aufstand, geschweige denn, wie er zur Schule kam. Sie habe selbst nicht wirklich eine Schule besucht.

Nachdem er in der ersten Klasse hängen geblieben war, kam er in eine Schule zur individuellen Lernförderung, in die er dann gerne gegangen ist.

„An der Petrus-Carnisius-Schule wurde man sogar mit dem Bus abgeholt, da ich sonst wohl kaum jeden Tag zum Unterricht erschienen wäre. Das hat sich dann aber gebessert, als sich Tante Kerscha meiner annahm, denn die hat mich unterstützt. Ihr wisst schon, feste Regeln und so. Irgendwann bin ich sogar von ganz allein um sechs Uhr wach geworden, bin eigenständig aufgestanden, habe auf RTL Kinderfernsehen geschaut, nebenbei noch schnell ein, zwei Hausaufgaben erledigt, und um halb acht kam der bus. Meine Cousins haben die Schule gehasst, ich ging ab da richtig gerne hin.“

 

Handarbeit und Malen, das waren nicht seine Fächer, aber Werken mochte er, und natürlich Musik. In Mathematik war er dann so gut, dass er eine Klasse überspringen durfte.

„Im Nachhinein muss ich sagen: Schulzeit war eine geile Zeit. Und das meine ich ernst.“

 

Über Autorität sagt er:

„Mit Leuten, zu denen ich mich hingezogen fühlte, wo ich wusste, die sind locker drauf, mit denen bin ich ganz anders umgegangen als mit Leuten, die von vornherein immer so auf Angriff aus waren und nur mit Druck gearbeitet haben. Unter Zwang ging bei mir nichts. Autorität ist für mich bis heute ein Fremdwort. schließlich habe ich schon bei meinen Eltern gelernt, dass man mit zunehmendem Alter nicht unbedingt klüger wird. Warum sollte ich mir da von einem Lehrer irgendetwas sagen lassen?“

Mit der neunten Klasse sei er von der Schule abgegangen und in die Berufsschule gekommen. Er habe sich das Ganze angeschaut und beschlossen, nicht wieder hinzugehen.

„Ich hatte keinen Bock, mit lauter Arbeitslosen in einer Klasse zu sitzen und auf das Leben vorbereitet zu werden. Ich hatte meinen eigenen Plan. Ich wollte Musik machen, auf der Bühne stehen, mit Geld mit Auftritten verdienen.“

Leider gibt es in dem Buch selten Altersangaben, einiges ist somit verschwommen. Auch über die persönlichen finanziellen Verhältnisse liest man nicht viel. Aber hatte man eventuell gedacht, Menowin wäre unter ärmlichen Verhältnissen in einem Wohnwagen groß geworden, so muss man diesen Gedanken nach dem Lesen des Buches verwerfen. Die Familie fuhr Auto, ging mit einer Riesenschar Kinder in den Freizeitpark, konnte sich Skiurlaub leisten und Tante Kersha ist heute stolze Hausbesitzerin.

Fortsetzung folgt.